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Öffentlicher Verkehrsraum?

Für die Frage der Strafbarkeit einer möglichen Unfallflucht kommt es zunächst darauf an, ob überhaupt ein Unfall im öffentlichen Straßenverkehr vorliegt. Insbesondere die Frage des öffentlichen Straßenverkehrs kann durchaus schwierig zu bewerten sein. Hierbei kommt es jedoch nicht auf die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse an, sonst wären Unfälle auf Tankstellengeländen regelmäßig nicht erfasst, sondern allein darauf, ob der Verkehrsraum für jedermann ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung oder aber zumindest für eine allgemein bestimmbare größere Personengruppe zugelassen ist und so auch benutzt wird.

So ist beispielsweise der hintere Teil eines Betriebsgeländes, der allein der An- und Ablieferung von Waren dient und dazu auch noch durch Schranken abgegrenzt ist nicht als öffentlicher Verkehrsgrund anzusehen. (LG Arnsberg zfs 2017, S. 111) Eine Strafbarkeit scheidet dann schon allein aus diesem Grund aus.

Abgrenzungsprobleme können sich z.B. auch auf Privatparkplätzen ergeben. Entscheidend ist letztendlich immer der Einzelfall.

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Geschwindigkeitsmessgerät TraffiStar S 350

Das Amtsgericht Stralsund hat mit Urteil vom 07.11.2016 (324 Owi 554/16) entschieden, dass es sich bei dem Messgerät TraffiStar S 350 um kein standardisiertes Messverfahren handelt. Dies wurde damit begründet, dass die gewonnenen Messdaten nicht durch unabhängige Gutachter überprüft werden können. Bei dem fraglichen Messverfahren handelt es sich um ein Lasermessverfahren, welches nicht von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen ist sondern für das eine Konformitätsbewertung/-erklärung nach §  6 Abs. 3 MessEG vorliegt.

Eine ähnliche Entscheidung hat das Amtsgericht Kassel bereits im August 2016 getroffen. Bisher hatte die obergerichtliche Rechtsprechung eine derartige Argumentation (Blackbox) stets mit Verweis auf die PTB-Zulassung, welche zugleich ein sogenanntes antizipiertes Sachverständigengutachten darstellt, abgelehnt. Da es die PTB-Zulassung in dieser Form nicht mehr gibt bleibt es nun abzuwarten, wie sich die OLG-Rechtsprechung hierzu positionieren wird.

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Bedeutender Sachschaden und Unfallflucht

Grundsätzlich ist bekannt, dass bei einer Unfallflucht auch die Fahrerlaubnis in Gefahr sein kann. Paragraph 69 StGB sieht hier vor, eine Fahrerlaubnisentziehung in der Regel vorzunehmen ist, wenn der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.

Wann aber liegt nun ein bedeutender Schaden vor? Hierüber herrscht keine Einigkeit. Lange gingen insbesondere die Amtsgerichte von einer Grenze von 1.300 EUR aus. Zunehmend gibt es immer mehr Entscheidungen, welche diese Grenze anheben. Hier reiht sich zum Beispiel auch eine Entscheidung des Landgerichts Braunschweig ein, welches mit Beschluss vom 3.6.2016  von einer Grenze von 1.500 EUR ausging.

Liegt der entstandene Schaden darunter, ist in der Regel keine Fahrerlaubnisentziehung vorzunehmen. Liegt der Schaden über dieser Grenze kommt es darauf an, inwiefern die Höhe dieses Schadens auch erkennbar war.

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Der Parkplatzunfall

Am 15.12.2015 hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung grundsätzlich zur Frage eines Anscheinsbeweises bei gegenseitigem Rückwärtsfahren Stellung genommen. Bisher war  besonders von Versicherungen häufig pauschal in einer derartigen Konstellation eine 50:50 Haftungsverteilung angenommen wurden. Dies bedeutet nicht, dass jeder seinen Schaden selbst trägt, sondern dass ein entsprechender Erstattungsanspruch des eigenen Schadens gegen die gegnerische Haftpflichtversicherung besteht. Nach der bisherigen Rechtsprechung reichte bereits ein enger zeitlicher Zusammenhang zum Rückwärtsparken aus, um einen enstsprechenden Anscheinsbeweis zu begründen. Dies wird aus § 9 Absatz 5 StVO hergeleitet.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass von einem Anscheinsbeweis nicht mehr ausgegangen werden kann, wenn ein Fahrzeug bereits zum Stehen gekommen ist. In diesem Fall hat der Fahrer nämlich seine Verpflichtung erfüllt, sein Fahrzeug jederzeit zum Stehen zu bringen. Insofern ist in einem Verfahren, gegebenenfalls mit einem unfallanalytischen Gutachten der Nachweis zu erbringen, dass das eigene Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision bereits stand.

Es ist dann zwar noch nicht automatisch von einer vollen Haftung der Gegenseite auszugehen, allerdings gilt nicht mehr wie bisher ein entsprechender Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden. Die konkrete Haftungsquote muss dann im Einzelfall gebildet werden.

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Mal wieder Handynutzung

Immer wieder müssen sich Gerichte mit der Frage beschäftigen, ob ein zu ahndender Handyverstoß auch vorliegt, wenn es nicht um Telefonieren geht. Das OLG Oldenburg hatte nun einen Fall zu entscheiden, bei welchem der Betroffene das Handy nur aufgenommen hatte um es mit einem Ladekabel anzuschließen und den Akku zu laden.

Auch diese Handlung wurde vom OLG als tatbestandsmäßig angesehen. Unter das Verbot fallen grundsätzlich auch Vorbereitungshandlungen zur eigentlichen Nutzung. Nur mit einem geladenen Akku könne schließlich telefoniert werden. Insofern hat das Gericht eine Entscheidung des Amtsgerichts Oldenburg bestätigt.

(AZ: 2 Ss (OWi) 290/15

Bereits im Jahr 2007 hatte das OLG Hamm das Einlegen der Telefonkarte als tatbestandsmäßig angesehen. (2 Ss OWi 25/07)

Die Entscheidung des OLG Oldenburg fügt sich insofern hier folgerichtig ein.

 

 

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Handyverstoß bei Start-Stop-Automatik?

Es ist bekannt, dass es grundsätzlich verboten ist, ein Mobilfunkgerät während der Fahrt zu nutzen. Ausreichend für das Bejahen eines Verstoßes ist auch, dass man mit laufendem Motor beispielsweise an einer roten Ampel gestanden hat. Das Oberlandesgericht Hamm hatte im September des letzten Jahres einen Fall zu entscheiden, bei welchem der Betroffene ein Fahrzeug mit einer sogenannten Start-Stop-Automatik nutzte. Der Betroffene hielt mit seinem Pkw bei Rot an einer Ampel an und benutzte dann sein Mobiltelefon. Das Fahrzeug verfügt über eine Start-Stop-Automatik. Der Motor schaltet sich bei einer derartigen Funktion erst wieder bei Betätigung des Gaspedals an. Das Gericht hat hier entschieden, dass in diesem Fall das Fahrzeug nicht in Betrieb befindlich sei, sodass von vorneherein kein Handyverstoß begangen werden kann. Folgerichtig hat das Oberlandesgericht den Betroffenen dann auch freigesprochen.

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Bedeutung des Zusatzschildes „Schneeflocke“

Eine Entscheidung des OLG Hamm sorgte im vergangenen Jahr für Diskussionen. Es ging hier um eine Geschwindigkeitsbegrenzung bei welcher das Zusatzschild Schneeflocke angebracht war. Ein Betroffener hatte sich gegen eine Geldbuße und ein Fahrverbot gewandt, da er der Auffassung gewesen ist, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht gegolten habe, da es am fraglichen Tage weder geschneit hat und auch sonst keine winterlichen Verhältnisse herrschten. Dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht indessen nicht. Das Zusatzschild Schneeflocke stellt lediglich einen im Grunde auch nicht notwendigen Hinweis dar, warum vorliegend eine Höchstgeschwindigkeit begrenzt ist. Es ist nicht Voraussetzung hierfür, dass auch winterliche Verhältnisse herrschen. Die Verkehrsteilnehmer sollen lediglich darüber informiert werden, warum die Straßenverkehrsbehörde vorliegend eine Geschwindigkeitsbeschränkung angeordnet hat.

Anders liegt der Fall hingegen bei dem Zusatzschild „bei Nässe“. Hier wird die Beschränkung gerade nur bei der zwingend vorhandenen Voraussetzung einer nassen Fahrbahn angeordnet. Da die Geschwindigkeitsbeschränkung im zu entscheidenden Fall somit nach wie vor gegolten hat, hat das Oberlandesgericht den Betroffenen auch dementsprechend verurteilt.

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Geschwindigkeitsverstoß am Feiertag

Immer wieder kommt es zum Streit darüber, ob Geschwindigkeitsbeschränkungen mit Zusatzschildern insbesondere „Montag – Freitag“ auch zu beachten sind, wenn es sich um einen Feiertag handelt. Häufig werden diese Zusatzschilder angebracht im Hinblick auf die besondere Schutzfunktion zum Beispiel in der Nähe einer Schule. Diese Schutzfunktion braucht selbstverständlich an einem Feiertag nicht erfüllt zu werden da die erforderliche Gefährdung nicht vorhanden ist. Gleichwohl wird häufig in der Rechtssprechung davon ausgegangen, dass die Beschilderung gleichwohl dann auch gilt. So hat beispielsweise das Brandenburgische Oberlandesgericht einen Fall zu entscheiden, bei welchem zum einen ein Zusatzschild „Montag – Freitag, 06:00 Uhr – 18:00 Uhr“ sowie ein weiteres Zusatzzeichen „Kinder“ angebracht war. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat hier entschieden, dass nur allein aufgrund der Tatsache, dass ein Feiertrag vorliegt, nicht automatisch davon auszugehen ist, dass keine spielenden Kinder die Straße betreten. Insofern sei der Schutzzweck der Geschwindigkeitsregelung nicht eindeutig auf Werktage abgegrenzt. Eine neuere Entscheidung hat das Amtsgericht Wuppertal getroffen. Hier enthielt das geschwindigkeitsbeschränkende Schild den Zusatz „Montag bis Samstag, 07:00 Uhr – 18:00 Uhr“ sowie „Schule“. Wenn man diese Schilder in einem Zusammenhang betrachtet ist offenkundig, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung den Zweck haben soll den ungehinderten Schulbesuch zu ermöglichen. Es besteht hier eine deutliche Verknüpfung zwischen dem Schild „Schule“ und der Geschwindigkeitsanordnung. Da an Sonntagen keine Schule stattfindet sind diese von der Geschwindigkeitsbeschränkung ausgenommen. Gleiches muss für gesetzliche Feiertage gelten, wenn diese auf einen Werktag fallen. Aus diesem Grund hat das Gericht vorliegend den Betroffenen vom Vorwurf einer Geschwindigkeitsübertretung freigesprochen. Es empfiehlt sich deshalb in vergleichbaren Fällen genau zu prüfen mit welchen Zusatzschildern die Geschwindigkeitsbeschränkung ausgestattet ist und welchem Schutzzweck sie dient.

 

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Und nochmal: Nichttragen des Fahrradhelms=Mitverschulden??

Im letzten Jahr hatte eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig für Aufregung gesorgt, wonach ein Radfahrer der bei einem Verkehrsunfall schwere Kopfverletzungen erlitten hatte, sich ein Mitverschulden von 50 Prozent zurechnen lassen musste, da er keinen Helm trug.

Es war die erste Entscheidung eines Obergerichtes in diese Richtung. Mittlerweile gibt es eine weitere obergerichtliche Entscheidung, nämlich des des Oberlandesgerichts Celle, die sich erfreulicherweise davon distanziert.

Weder gibt es eine gesetzlich geregelte Verpflichtung einen Helm zu tragen, noch entspricht das Tragen eines Helmes einer allgemeinen Verkehrsauffassung. Zur Zeit gäbe es eine Helmtragequote von nur rund 10 Prozent.

Etwas anderes kann nur gelten, wenn das Fahrrad sportlich ambitioniert, auch außerhalb von Rennveranstaltungen, genutzt wird und man sich dadurch besonderen Risiken aussetzt oder wenn aus anderen Gründen ein gesteigertes Gefährdungspotential besteht.

OLG Celle, Urteil vom 12.02.2014 – 14 U 113/13

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Die Reform des Verkehrszentralregisters – Teil 4: Taktische Überlegungen

Aufgrund der doch weitreichenden Änderungen im Verkehrszentralregister sollte bei laufenden Verfahren genau geprüft werden, ob es vorteilhafter ist, einen Verstoß vor oder nach Inkrafttretens der Neuregelungen rechtskräftig werden und eintragen zu lassen. Um dies beurteilen zu können, muss zwingend zunächst ein aktueller Verkehrszentralregisterauszug hinzugezogen werden. Danach ist von Bedeutung, ob es bei dem laufenden Verfahren um einen Verstoß geht, der nur nach altem Recht, nicht jedoch nach neuen Recht eingetragen wird. Liegen keine Voreintragungen vor, kommt dem Zeitpunkt der Neueintragung keine besondere Bedeutung zu. Bei Eintrag vor dem 01.05.2014 wird der Eintrag zum 01.05.2014 wieder gelöscht, danach wird er erst gar nicht eingetragen. Liegen jedoch bereits Voreintragungen vor, kann die Rechtskraft und Eintragung vor dem 01.05.2014 Sanktionen wie die Anordnung eines Aufbauseminars nach sich ziehen.

Bei Verstößen, die auch nach der neuen Rechtslage eingetragen werden, muss immer eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden. Es kann günstiger sein, diesen Verstoß noch vor dem 01.05.2014 rechtskräftig werden und eintragen zu lassen, da zumindest bei Verkehrsordnungswidrigkeiten dann die kürzeren Tilgungsfristen (2 Jahre statt 2 1/2 oder gar 5 Jahre) gelten.  Zudem kann durch die Umrechnung der Punkte in das neue System ein erheblicher Vorteil realisiert werden, je nachdem wie viele Punkte bereits vorhanden sind. Nachteilig ist hingegen, dass der Neueintrag die Tilgung aller bestehender Punkte hemmt. Würde eine Neueintrag erst nach dem 01.05.2014 erfolgen, hätte dies auf die Tilgung der Alteinträge keine hemmende Wirkung mehr. Wichtig ist hier jedoch, dass es allein auf das Datum des Eintrages und nicht der Rechtskraft ankommt. Wann ein Eintrag vorgenommen wird hängt davon ab, wie schnell die Bußgeldstelle einen rechtskräftigen Verstoß an das Kraftfahrtbundesamt weitermeldet. Da ein Betroffener hier nur beschränkte Gestaltungsmöglichkeiten hat, sollten Entscheidungen möglichst rechtzeitig und nur nach genauer Prüfung getroffen werden.